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Wie versprochen, habe ich hier einen Auszug aus dem neuen Roman.

Manni, Kommissar Oders Lieblingswirt, hat einen ereignisreichen Morgen ... lest selbst.

Petris (Un-)Heil

Es war noch dunkel, als Manni seinen Stammplatz bezog. Nicht mehr lange und es würde die Sonne aufgehen. Die beste Zeit, denn später bissen sie nicht mehr so gut. Wenn erst der Verkehr einsetzte und die Autos wieder über die Uferstraße bretterten, um schnellstmöglich noch einen Parkplatz in der Bürostadt von Niederrad zu bekommen, waren seine Chancen auf einen guten Fang dahin. Und den brauchte er. Er hatte mit Knut, einem Stammgast, gewettet und gedachte nicht, die Wette zu verlieren. Eigentlich hatte er schon abends losziehen wollen, aber es war mal wieder ‚Kulturtag‘ gewesen. Seine Else bestand darauf, wenn er seine ehelichen Pflichten einforderte, dass er auch dafür bezahlen musste. Bezahlen hieß, schick ausgehen, ein nicht selbst gekochtes Essen und Kino oder Theater, was gerade angeboten wurde. Dieses Mal also: Ein Essen im Maredo und ein bekanntes Musical im Anschluss. Kino hatten sie das letzte Mal, also war wieder das Theater dran.

Er tat es mittlerweile ja gerne, selbst das Aufbrezeln mit ordentlicher Nass-Rasur. (Elektrorasierer waren was für Weicheier, fand er, und längst nicht so gründlich.) Zur Ehrenrettung hatte er jedoch wie üblich gebrummt, ob man es nicht bei dem Steak belassen könne. Ein voller Bauch passe doch nicht zu einem vollgepferchten Vortragssaal, allein schon wegen der Verdauung, aber damit kam er bei Else nicht durch.

Das hatte er nun davon. Der Ohrwurm von gestern ging ihm nicht mehr aus dem Schädel und störte, denn sein Bein wippte im Takt der inneren Melodie. Gerade eben noch hatte er sich, in letzter Minute sozusagen, bremsen können, um nicht zu pfeifen. Pfeifen war tödlich, wenn man auf Rekordjagd bei den Fischen gehen wollte. Wusste doch jeder – nur der Ohrwurm nicht. Aber zumindest hielt der ihn wach, denn die Nacht war kurz gewesen. Unwillkürlich grinste Manni versonnen. Er und seine Else hatten es immer noch drauf.

Mit ruhigen Bewegungen packte Manni seine Angel aus, versah die Schnur mit 40 Gramm Sargblei. Er wollte auf Aale gehen und suchte sich einen Haken aus, von dem er meinte, er könne passen.

Die frische Luft tat ihm gut nach der Woche in seiner Kneipe. Zwar hatte er ein Raucherzimmer eingerichtet, war ja nun mal Pflicht geworden, aber es blieb nicht aus, dass er passiv mitrauchte. Eine Kneipe ohne Raucherlaubnis wäre finanzieller Selbstmord. Es war wie die Wahl zwischen Pest und Cholera. Entweder man verzichtete auf das Raucher­zimmer, dann gingen aber die Einkünfte in den Keller, oder man lebte mit der Option, selbst mal an den Schäden des Nikotins draufzugehen. Manni hatte sich für Letzteres entschieden, schon allein seinen Stammkunden zuliebe. Und es wurden ja auch immer weniger Raucher. Die Hoffnung blieb, dass mit der neuen Generation mehr Nichtraucher nachwuchsen.

Er atmete noch einmal tief ein. Ja, das war die gute Frankfurter Luft. Hätte man ihn gefragt, er hätte klipp und klar erklärt, dass er nie weggehen würde wollen. Hier ließ es sich leben. Scheiß auf Berliner Luft. Gegen diese hier kam die nie an. Davon war er fest überzeugt.

Mit elegantem Schwung warf er die Angel aus und setzte sich auf den mitgebrachten Hocker. Kurzer Kontrollblick. Passt.

Ab jetzt kam der gemütliche Teil, bei dem er völlig mit der Umwelt verschmolz. Sein Blick schweifte über den Fluss.
Etwas niedrig, hat lange nicht mehr geregnet, stellte er fest. Die Wurzeln der Uferböschung waren sichtbar geworden, und in ihnen fing sich allerlei Müll. Eine Schande, aber er tröstete sich, dass die Wasserqualität angeblich besser als vor zehn Jahren sei, und da hatte er auch schon Mainaale gegessen. Und: Er hatte es überlebt, wie man sehen konnte.

Ein Blatt trieb zu ihm herüber. Circa einen Meter vor der Kaimauer begann es einen wilden Kreisel. Manni wusste, woher das kam. Hier am Schwanheimer Ufer, auf Höhe der Lyoner Straße, war ein Wassereinlass, den nur Eingeweihte kannten. Der sorgte für kleine Luftwirbel und einen hohen Nährstoffanteil in dem trüben, nahezu blickdichten Wasser. Was der Mensch mied, sorgte hier für ordentlich fette Fische, von denen sich Manni den Sieg versprach. Knut mit seiner Schwärmerei über die Nidda konnte ihm gestohlen bleiben. Sicher, dort war es wunderschön und weniger Autolärm, aber erstens war sie mehr mit Schadstoffen belastet, weil die kleineren Kläranlagen noch nicht auf dem neusten Stand waren, und zweitens fand er sie bei weitem nicht so ertragreich. Aber jeder wie er wollte.

Die Sonne ging auf und warf ihre orangeroten Strahlen auf die Landschaft. Es versprach wieder ein heißer Tag zu werden. Zu warm für April, aber ideal, um zu angeln. Auch die Jahreszeit passte. Die meisten Fische hatten ihre Schonzeit schon oder sie kam erst noch.

Manni warf einen kurzen Blick auf seine Uhr. Knappe fünf Stunden hatte er noch, bis er hier los musste, um seine Kneipe aufzuschließen. Es würde ein langer Tag werden. Mannis Augen fielen auf Halbmast.

So duselte er entspannt vor sich hin, nur ab und zu von einem frühen Pendler hochgeschreckt, der sein Auto an der Ampel noch einmal treten musste.

Was für ein Angeber, hat wohl nix in der Hose, lästerte Manni und schüttelte den Kopf.

Er wollte gerade wieder einnicken, als etwas an der Leine ruckelte.

In Sekundenschnelle war Manni hellwach. Sein Jagdfieber hatte ihn gepackt. Er ruckte kurz an der Leine, damit der Haken sich festzog. Ganz leicht spürte er den Widerstand. Bestens.

Nun nur nicht zu hektisch werden, kommandierte er sich selbst. Langsam, langsam.

Es musste ein schwerer Brocken sein. Vermutlich kein Aal, eher ein fetter Zander oder eine Brasse, genauer gesagt eine ‚Groß-Brachse‘. Vielleicht ja auch ein Wels. Auch gut. Obwohl ihm ein Aal lieber gewesen wäre, denn frisch geräucherter Aal … Manni lief bei dem Gedanken das Wasser im Mund zusammen. Aber es war ja noch früh am Tag, ein Aal konnte immer noch kommen. Erstmal galt es, diesen Brocken zu sichern.

Die Angel bewegte sich. Manni war sofort hellwach. Er riss ruckartig aber vorsichtig an, um den Haken im Fleisch zu verankern, dann holte er langsam ein. Die Leine spannte sich, aber Manni konnte kaum Raum gut machen. Er zog stärker. Die Angel bog sich bis zum Maximum. Hoffentlich reißt die Leine nicht, schoss es Manni durch den Kopf.

Doch kaum gedacht, beruhigte er sich auch wieder, denn bedauerlicherweise schien der Fisch nach dem ersten Festhalten keine Lust mehr zu haben, Manni einen Kampf zu liefern.

Wie ein Köter, der Gassi-gehen soll, wenn es draußen regnet. Schade.

Es sprach alles dafür, dass sich der Brocken in der Uferböschung versteckte. Die Spannung, was er da an der Angel hatte, würde sich vermutlich erst lösen, wenn er die Schnur aus dem Gestrüpp befreit hatte. Aber wie? Zog er zu fest, riss ihm womöglich der Haken samt Blei ab.

Ein prüfender Blick in seinen Kasten beruhigte ihn – ok, da waren noch einige Gewichte.

„Also: No risk no fun”, machte sich Manni Mut.

Ein konsequenter Ruck und die Leine löste sich von Was-auch-immer-sie-festgehalten-hatte, und er zog sie ein. Den Kescher griffbereit zur Linken drillte er die Leine.

Immer noch kein Zappeln, nur Stillstand.

Hmm?!

Er tauchte den Kescher ins Wasser, um seinen Fang heraus zu holen. Ein Klumpen irgendwas, in Algen und anderem Grünzeug fast verborgen, kam an die Oberfläche.

Manni beugte sich neugierig tief herunter.

„Arg … ach du Scheiße.“

Er plumpste rückwärts auf seinen Hintern. Der Hocker kippte seitwärts und er knallte mit dem Steiß auf den Boden. Erschüttert spürte er nicht mal den Schmerz.

„Verdammt.“

Ein Würgen schüttelte ihn. Er wollte seinen Augen nicht trauen, aber auch ein heftiges Blinzeln änderte nichts an dem, was er da in seinem Kescher sah. Trotzdem wollte er es nicht glauben. Ein rascher Rundblick zeigte ihm einen Ast, der fast in Reichweite seiner linken Hand auf dem Boden lag. Der Kescher wanderte in die rechte Hand und Manni streckte sich nach dem Ast. Als er ihn endlich hatte, zog er den Kescher, der noch im Wasser lag, etwas dichter ans Ufer. Mit dem Ast schob er einige Algen, die auf seinem Fang lagen, beiseite und würgte erneut.

Panik konnte man Manni nicht nachsagen, aber sein Kopf zuckte schneller als sonst, als er die Umgebung kontrollierte. – Kein Mensch zu sehen, bis auf einen Jogger, der vielleicht 100 Meter von ihm entfernt seine Morgenrunde lief. Den weißen Kabeln zufolge, die aus seinen Ohren kamen, würde Manni laut sein müssen, damit der ihn verstand.

Manni hob den Ast, winkte wie ein Wilder und brüllte mit allem, was seine Stimme hergab.

„Hey, hallo … Sie da … HIIIIIIILFE … Hey!“

Es schien, als hätte der Jogger ihn nicht gehört, aber dann hielt er auf der Stelle joggend an und zog sich ein Kabel aus dem Ohr.

„Was is? Ham Sie eben so geschrien? Ich denk, Sie angeln. Muss man da nicht leise sein?“

„Witzbold“, schnaufte Manni. „Haben Sie ein Handy?“

„Selbstverständlich, ich will ja meine Zeiten auswerten.“

„Kann ich das mal benutzen?“

„Wieso? Ham se kein eigenes?“

„Ja und nein. Klar hab ich eins, aber wie Sie schon sagten, sollte man beim Angeln leise sein, also habe ich es nicht mit.“

„Und warum wollen Sie meins?“

„Ich muss wen anrufen.“

„Und warum von meinem?“

Manni stöhnte. „Weil meins zuhause liegt und ich dringend die Polizei rufen muss.“

Meine Güte, der Kerl ist ein echter Blitzmerker. Was hatten diese Freaks mit den Kabeln im Ohr eigentlich im Hirn außer Bum-Bum?

„Und warum die Polizei?“ Irritiert stellte der Jogger seine Leerlaufbewegungen ein und zog das neuste Modell einer bekannten Smartphone-Firma aus einer Hülle. Er reichte es Manni, der mit einem Fuß auf dem Kescher stand.

„Keine Panik, nur Ortsgespräch“, erklärte Manni.

„Is egal, hab e ’ne Flat. Aber machen se hin, ich werd’ langsam kalt.“

Manni kümmerte sich nicht mehr drum. Er tippte eine Nummer in das Gerät und wartete.

„Michi? Hier Manni. … Ja ich weiß, wie früh es ist. Du musst mal kommen. Ich brauch dich, jetzt. … Ist sauwichtig … Nee, nicht in die Kneipe. In Niederrad, Mainufer, Höhe Lyoner Straße. – Und bring deine Kollegen mit, die von der ‚Kotzfraktion‘; ich hab hier was für euch. Aber beeil dich.“

Er beendete aufseufzend das Telefonat und reichte das Smartphone zurück an den Jogger. Der war von den Wortfetzen neugierig geworden und kam näher.

„Was’n los?“ Er reckte seinen Hals, als könne er so die entsprechenden Meter überbrücken.

Wie eine menschliche Giraffe in giftgrün-gelb. Manni grinste flüchtig, dann antwortete er.

„Ach nichts. Hab nur was gefangen, was nicht so üblich ist.“

„Und wegen einem gammeligen Fisch schiebste so ’ne Welle?“, wunderte sich der Jogger und kam noch einen Schritt näher.

Manni reichte es. Der hatte es ja so gewollt. Vorsichtig lüpfte er den Kescher etwas in die Höhe, so dass sein Fang an die Oberfläche kam.

Mit grimmiger Genugtuung registrierte er, wie sich der Jogger zur Seite drehte, sein Frühstück retournierte und dabei die totschicken Sneaker besprenkelte. Musste einer dieser schicken, neumodischen Gras-Smoothies gewesen sein. Oder einer mit Avocado. Auf jeden Fall hübsch grün und passend zu seiner Jogginghose, die jetzt nette Sprenkler hatte.

Todschick, das Design, hehe.

„Können nix mehr ab, die jungen Kerle“, war sein brummender, kopfschüttelnder Kommentar, während er den Kescher wieder sanft sinken ließ und das brackige Mainwasser den Anblick sanft verhüllte.

Manni angelte nach dem Hocker und machte es sich mit dem Kescher in der Hand wieder gemütlich. Es würde einige Zeit dauern, bis Michael Oder, der Kommissar der Frankfurter Kripo und einer seiner Lieblingsgäste, hier auftauchte. Selbst wenn man bedachte, dass der Verkehr erst langsam einsetzte, so war der Weg von Bornheim bis zu ihm doch nicht zu verachten.

Sein erster Schock hatte einer geduldigen Gelassenheit Platz gemacht, die ihn als langjährigen Kneipenwirt auswies.

Einzig um die Aale war es schade, fand er. Er würde sie wohl nicht mitnehmen dürfen. Sehr bedauerlich, denn damit hätte er bestimmt den Angelwettbewerb gegen Kurt gewonnen. Einer davon schien ein ordentlicher Brocken zu sein. Egal, er hätte sie sowieso nach einem Foto wieder im Main entsorgt. Zum Verzehr waren sie nicht mehr zu nutzen, nachdem sie sich quer durch den Oberkörper gefressen hatten, der nun in seinem Kescher ruhte.
Fraglich nur, wo der Rest war.

~~~><~~~

Soweit die Leseprobe. Wo der Rest ist? In Überarbeitung und bald bei Euch.
Das Buch soll noch 2020 erscheinen. Sobald der Titel feststeht, werdet Ihr es hier erfahren.
Also bleibt dran, es lohnt sich.

Eure Agatha.

Mein "Morgenmuffel" erobert Leipzig

Ihr findet mich am Stand des JustTales Verlags,
bei dem der Morgenmuffel auch erschienen ist.
Halle 5 Stand E 202, JustTales Verlag
Gerne gebe ich Euch da ein Autogramm ins Buch, falls Ihr mögt.

Was, Ihr kennt Morgenmuffel Herbert noch nicht?

Wie konnte das passieren?
Aber dagegen läßt sich doch was unternehmen.

Amazon hält noch Print-Exemplare für euch bereit:

Das Buch ist aber auch als E-Book käuflich erwerbbar.

Top-Kundenrezensionen

am 4. Januar 2018
Format: Taschenbuch|Verifizierter Kauf

Sie ist da. Meine erste Rezension.
Und was für eine.
Seht selbst:

Zur Rezension

Da habe ich doch wohl alles richtig gemacht.
Oder zumindest fast.
Am Rest arbeite ich, versprochen.

Sollte der Link nicht funktionieren,
hier die Worte der ersten Rezension zum Nachlesen.

Kundenrezension

am 8. Dezember 2017
Herbert ist ein Protagonist, den man nicht auf der ersten Seite ins Herz schließt, aber spätestens auf der letzten. Immer schlecht gelaunt, immer verärgert, immer über das Leben klagend - aber wer kann's ihm verübeln? Brezelverkäufer, Radiomoderatorinnen, ungeliebte Hunde von ungeliebten Nachbarn rauben ihm den letzten Nerv - oder das, was davon noch übrig ist, nach den vielen Jahren, die er seine Exfrau ertragen musste.
Herbert fängt an, die Sache selbst in die Hand zu nehmen und sich all der Ärgernisse zu entledigen.
Die Autorin schreibt witzig, lebhaft und detailverliebt. Wer mal herzhaft lachen will, der ist hier richtig.
Eine flotte Lektüre, die ein Schmunzeln ins Gesicht zaubert und es dabei noch schafft, Lektionen fürs Leben zu vermitteln.
Eine klare Kaufempfehlung von mir!


Morgen können so mörderisch sein!

 

Besonders, wenn sie so früh beginnen.

 


Aus dem Inhalt:

„Wie kann ein Morgen gut werden, wenn er noch vor dem Wachwerden
beginnt?“

Herbert kennt sie, diese Tage, die schon morgens das Elend des Tages
einfangen und die man am besten im Bett verbringen sollte. Davon hatte
er schon viel zu viele.
Abgestumpft von den täglichen Enttäuschungen wartet er … ja auf was
eigentlich? Sein wöchentliches Skatspiel mit Kumpel Holger? Ein Bierchen
bei Manni?

In diese Phase seines Lebens kommt, mehr durch Zufall, Bewegung und
der frische Wind lässt ihn aufbrechen in eine hoffnungsvollere Welt.
Nur hätte er den Start nicht ausgerechnet MORGENS wagen sollen.
Denn so passieren ihm Fehler, die seine Zukunft massiv gefährden …

Der Morgen ist einfach nicht seine Zeit.


Ab sofort im Handel
und beim JustTales Verlag

Print:       ISBN 978-3-947221-06-6
E-Book:    ISBN 978-3-947221-07-3